Somalia: Piraten fordern Lösegeld für Supertanker
© ZEIT online, Tagesspiegel | 19.11.2008 08:55
Der Piratenangriff vor Somalia sprengt alle Dimensionen der bisherigen modernen Seeräuberei: Die Entführer des Supertankers "Sirius Star" verlangen nun Lösegeld.
Für den vor Somalia verschleppten Supertanker "Sirius Star" wollen die Piraten Geld sehen. Das zumindest erklärte am Mittwoch ein nach eigenen Angaben zu den Seeräubern zählender Mann dem arabischen Fernsehsender El Dschasira. Komme es zu einer Geldübergabe für die "Sirius Star", werde das Geld "maschinell nachgezählt", sagte er. "Wir haben die notwendige Ausrüstung, um Falschgeld zu erkennen." Zur Höhe der Forderung machte er jedoch keine Angaben. Die Forderung dürfte beträchtlich sein. Schiff und Ladung haben einen Wert von rund 200 Millionen Euro.
Die Piraten hatten den saudi-arabischen Tanker schon am Samstag im Indischen Ozean in ihre Gewalt gebracht. Am Dienstag gingen sie in der Nähe der Stadt Hobyo vor der Küste Somalias vor Anker. Ein militärischer Befreiungsschlag gilt mit Blick auf die Sicherheit der 25 Mann Besatzung an Bord des Schiffes als riskant.
Größtes jemals gekapertes Schiff
Die Entführung sprengt alle Dimensionen der bisherigen modernen Seeräuberei: Die "Sirius Star" - mit 330 Meter Länge so groß wie drei Fußballfelder - ist mit zwei Millionen Barrel Rohöl (318 Millionen Liter) beladen. Nach Angaben der Reederei Vela International haben Schiff und Ladung einen geschätzten Wert von 200 Millionen Euro. Nach Angaben der US-Navy ist es das größte jemals gekaperte Schiff.
Zudem schlugen die Piraten angesichts der zahlreichen Kriegsschiffe, die vor der somalischen Küste für mehr Sicherheit für die Schifffahrt sorgen sollen, neue operative Wege ein: Sie kaperten die "Sirius Star" in den bislang als sicher geltenden Gewässern vor der kenianisch-tansanischen Küste - fernab der extrem gefährlichen somalischen Küstengewässer. Von so viel Dreistigkeit zeigte sich auch Admiral Mike Mullen vom Generalstab der US-Marine beeindruckt: "Sie sind sehr professionell", sagte er, und klang dabei fast widerwillig bewundernd.
Somalia hat keine eigene Küstenwache
Allein ein Drittel der Piratenüberfälle weltweit geht nach Angaben des Internationalen Seefahrtbüros auf das Konto der Seeräuber am Horn von Afrika. So brachten Piraten nur drei Tage nach der Tanker-Kaperung im Golf von Aden erneut ein Handelsschiff in ihre Gewalt - ein Frachter aus Hongkong mit 25 Besatzungsmitgliedern. Der Krisenstaat Somalia, von Clanstreitigkeiten und Bürgerkrieg innerlich zerrissen und seit 1991 ohne eine funktionierende Regierung, hat keine eigene Küstenwache. Die Schiffe der US-Marine und Frankreichs, Nato-Schiffe und demnächst auch mehrere Kriegsschiffe der EU konnten die Zahl der Überfälle in den vergangenen Wochen zwar senken, aber nicht vollständig stoppen.
Die puntländische Regierung hat inzwischen die Todesstrafe für Piraterie eingeführt, aber noch kein Todesurteil vollstreckt. Selbst Regierungsmitglieder geben zu, dass Korruption ein Problem ist und die Seeräuber ihre Informanten und Helfer auch unter den Beamten des bitterarmen Landes finden. Gerne stellen sich die Piraten, die mit automatischen Waffen und Satellitentelefon im Einsatz sind, als moderne Robin Hoods vor, die eigentlich nur die Interessen somalischer Fischer vor ausländischer Konkurrenz verteidigen. Doch auch wenn es vor Jahren noch um die somalischen Fischgründe ging, inzwischen ist das lukrative Geschäft mit gekaperten Schiffen und entführten Seeleuten der wichtigste Wirtschaftszweig der Region.
Fregatte "Karlsruhe" schlägt Seeräuber in die Flucht
Unterdessen hat die deutsche Fregatte "Karlsruhe" vor der somalischen Küste erfolgreich in zwei Fällen Piratenangriffe auf internationale Schiffe abgewehrt. Wie das Flottenkommando am Dienstag in Glücksburg mitteilte, ereigneten sich die Attacken etwa 650 Kilometer nordöstlich von Dschibuti im Golf von Aden. Die Fregatte befand sich auf der Fahrt aus dem Persischen Golf in Richtung Ägypten. Sie leistete den Frachtern Nothilfe. Als sich ihr von Bord gestarteter Hubschrauber den bedrängten Schiffen näherte, ergriffen die Seeräuber die Flucht. (jam/AFP/dpa/ddp)
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